Bestandsbeschreibung Aachen

Die den Kongress von Aachen betreffenden Dokumente befinden sich in der Reihe „Kongressakten“, Karton 17 und 18, Faszikel 29 bis 32, im Bestand „Staatskanzlei“ im Österreichischen Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien.

Die Protokolle mit den Beilagen liegen in Faszikel 29; die drei anderen Dokumentenbündel enthalten Akten 1, Reklamationen und andere Eingaben 2 sowie Varia 3.

Während des Kongresses von Aachen wurden insgesamt 48 offizielle und eine geheime Sitzung 4 mit fortlaufender Zählung abgehalten. Dabei wurde die Ordnungszahl 43 doppelt vergeben; das Geheimprotokoll wiederum weist keine Zählung auf.

Diese Dokumente (inklusive der Beilagen) befinden sich in zwei einzelnen Umschlägen, in welche sie wohl bereits kurz nach dem Ende des Kongresses eingeordnet wurden. Die Beschriftungen der Umschläge stammen vom Schreiber Nikolaus Wacken , der während des und in den Jahren nach dem Wiener Kongress als enger Mitarbeiter Metternichs in der Staatskanzlei aktiv war. Umschlag 1 enthält die Protokolle 1 bis 26, Umschlag 2 die Protokolle 27 bis 47. Beide Umschläge sind separat foliiert. 5 Daher ist in der Edition den folio-Angaben entweder I oder II vorangestellt.

Die Protokolle sind als Verlaufsprotokolle konzipiert und wurden, bis auf wenige Ausnahmen 6, von Friedrich Gentz eigenhändig niedergeschrieben. Die Texte sind sprachlich knapp gehalten und erschließen sich über die angehängten Beilagen. Die halbbrüchig beschriebenen Blätter weisen einen einheitlichen formalen Aufbau auf: In die linke Spalte setzte Gentz Actum und Datum sowie – zumindest teilweise – einen Betreff der in der Sitzung verhandelten Frage, in der rechten Spalte beginnt unmittelbar das Protokoll selbst. Von Gentz oder Wacken wurde die Zählung sowie die Angabe darüber, ob die Gespräche mit oder ohne den Vertreter Frankreichs geführt wurden, 7 am oberen Blattrand links oder mittig nachgetragen. Die Unterschriften beziehungsweise Paraphen 8 der Bevollmächtigten befinden sich entweder in der linken Spalte der ersten Seite des Dokuments oder schließen das Protokoll ab. Die Protokolle weisen wenige Korrekturen auf, die hauptsächlich stilistischer, jedoch kaum inhaltlicher Art sind. Vermutlich handelt es sich daher um Reinschriften der ursprünglichen Mitschriften, die nachträglich von den Bevollmächtigten unterzeichnet wurden.

Anders als bei den Protokollen erweist sich eine kurze formale Charakterisierung der Beilagen als schwierig. Bei diesen Texten handelt es sich vorwiegend um Denkschriften 9, Noten 10, Zusammenfassungen 11 oder Beschlüsse 12 der Mächte. Es liegen aber auch Suppliken verschiedener Parteien entweder an einzelne Monarchen beziehungsweise deren Repräsentanten 13 oder das Mächtekonzert 14 insgesamt ein. Dieser Korpus präsentiert sich daher sowohl in formaler als auch sprachlicher Hinsicht ausgesprochen heterogen. Es handelt sich um unterschiedliche Überlieferungsformen. Mehrheitlich liegen Abschriften 15 ein, es finden sich aber auch Konzepte 16 und Ausfertigungen 17 sowie Drucke 18.

Während die Hauptverkehrssprache der Kongressteilnehmer Französisch war, wurden die Beilagen britischer Provenienz in englischer Sprache abgefasst. Übersetzungen ins Französische liegen nicht immer bei. 19 Allerdings kann auch das Gegenteil der Fall sein: So fehlt etwa für die durch Wellington in der 6. Sitzung vom 8. Oktober eingebrachte Denkschrift das englische Original. Es liegt nur die mit dem Vermerk "Traduction" versehene Übersetzung ins Französische ein.

Die Anzahl der Beilagen der einzelnen Protokolle variiert zwischen null und elf. Diese können meist eindeutig einem Protokoll zugeordnet werden. Die Zugehörigkeit mehrerer Schriftstücke ist allerdings zweifelhaft. 20 Dies hängt mit den lückenhaften und inhomogenen, beziehungsweise nicht immer nachvollziehbaren Beschriftungen durch Nikolaus Wacken und andere Hände zusammen. Nur teilweise enthalten die Beilagen eindeutige Vermerke über ihre Zugehörigkeit. 21 Außerdem sind einige in den Protokollen erwähnten Anlagen heute nicht mehr vorhanden, 22 andere wurden fälschlicherweise in dem die Akten beinhaltenden Faszikel 30 abgelegt. Diese wurden, wie etwa der Vertrag über den casus foederis vom 15. November 1818, 23 gegebenenfalls in die Edition übernommen.

Die manchmal große Zahl der Anlagen führte bereits während des Kongresses zu Anstrengungen, der unübersichtlichen Lage Herr zu werden. Wacken versuchte beispielsweise, auf den Protokollen Verzeichnisse der Beilagen zu ergänzen. 24 Dieses Vorhaben erwies sich nicht als zielführend: Das Verzeichnis wurde mehrfach überarbeitet und schließlich ganz gestrichen. In der Folge führte Wacken nur noch die Anzahl der Beilagen, zusammen mit der Protokollzählung, an. Allerdings stimmen diese Angaben nicht immer mit der tatsächlich einliegenden Zahl der Beilagen überein. 25 Zusätzlich wurden mehrere, einem Protokoll zugehörige Beilagen teilweise in eigene, kleine Umschlagbögen eingelegt. Diese wurden mit der Protokollnummer, dem Sitzungsdatum sowie gegebenenfalls der Angabe der Anzahl der an diesen Verhandlungen beteiligen Mächten versehen. 26 Einige Beilagen lagen ursprünglich auch doppelt ein, wie der Vermerk "Ce Mémoire est le même qui a été annexé (sous le titre de Note sur les Pirates de l’océan atlantique) au Protocole du 13 […] 9bre sub No 31" [sic!] nahelegt. 27

Dennoch führte Wacken die den Kongress von Aachen betreffenden Dokumente erstmals einer Ordnung zu, indem er die von Gentz nur kursorisch durchgeführte Protokollzählung ergänze und die Anhänge teilweise nummerierte. Zudem legte er, wo es notwendig erschien, Schleifen oder Blätter mit Erläuterungen zu den Beilagen ein 28 oder brachte auf den Dokumenten selbst den Verhandlungsverlauf betreffende Vermerke an. 29 Auch umgab er das "Protocole secret" vom 18. November mit einem Umschlag, um es von den anderen Verhandlungsmitschriften abzusetzen. 30

Der Bestand, inklusive der in dieser Beschreibung nicht berücksichtigten Akten in Faszikel 30 sowie in Karton 18, Faszikel 31 und 32, dürfte geschlossen von der Staatskanzlei beziehungsweise dem Ministerium des Äußern 1868/69 in der von Wacken hergestellten Ordnung an das Staatsarchiv (Hauptarchiv), dann Haus-, Hof- und Staatsarchiv, übergeben worden sein. 31

1 Fasz. 30 und 31.
2 Fasz. 32.
3 Fasz. 32.
4 Das Geheimprotokoll war von Wacken ursprünglich als Nr. 36 gezählt worden. Daher musste die Nummerierung aller folgenden Protokolle um eine Stelle korrigiert werden.
5 Fol. 1–187 bzw. fol. 1–261.
6 Protokoll 29, 11. November 1818, von Wacken , von Gentz korrigiert; Protokoll 36, 19. November 1818, von einer nicht zuordenbaren Kanzleihand sowie als Druck; Protokoll 43/2, 21. November 1818, stammt von einer unbekannten Individualhand; Protokoll 46, 22. November 1818 von einer nicht zuordenbaren Kanzleihand; Protokoll 7, 9. Oktober 1818 weist einen Handwechsel auf: fol. I/30r stammt von Gentz , fol. I/30v von Wacken .
7 Entre les quatre/cinq Cabinets. Bei den ersten Sitzungen waren meist nur die Bevollmächtigten Österreichs, Russlands, Großbritanniens und Preußens vertreten. Dies änderte sich mit der Wiederzulassung Frankreichs zum Konzert der Mächte. Ab Sitzung 17 vom 22. Oktober 1818 waren in der Regel alle Mächte vertreten.
8 Der russische Gesandte Kapodistrias schrieb seinen Namen grundsätzlich aus, während seine Kollegen nach einigen Sitzungen die Protokolle nur noch mit Paraphen beglaubigten.
9 Vgl. z. B. "Opinion du Cabinet de Russie sur la traite des Nègres", Anlage 1 zu Protokoll 25.
10 Vgl. "Lettre des trois Souverains et in simili de Lord Castlereagh à S. M. le Roi du Pays-bas, Duc de Luxembourg ", 14. November 1818, Anlage zu Protokoll 24.
11 Vgl. "Apperçu sommaire de la position des choses", 1. November 1818, Beilage zu Protokoll 22.
12 Vgl. z. B. die "Principes arrêtés", 19. Oktober 1818, Beilage zu Protokoll 16.
13 Vgl. etwa das Schreiben des badischen Außenministers Wilhelm Ludwig Leopold Reinhard Freiherr von Berstett an Metternich , Rastatt 29. September 1818, Anlage 1 zu Protokoll 11.
14 Vgl. die "Observations préliminaires", o. D., welche für Territorialabtretungen zugunsten des Großherzogtums Baden argumentieren. Dieses abschriftliche Memorandum richtet sich ohne nähere Anrede an die in Aachen versammelten Mächte. Anlage 1 zu Protokoll 20.
15 Vgl. z. B. die "Note verbale" französischer Provenienz, Aachen 21. Oktober 1818, Beilage zu Protokoll 17.
16 Vgl. z. B. den mehrfach überarbeiteten Entwurf eines "Circulaire des 4 Ministres d’A., de la G. B., de P et de R.", 15. Oktober 1818, von der Hand Wackens , Anlage 1 zu Protokoll 10.
17 Vgl. z. B. das Schreiben von Palmella , Paris 7. November 1818, an Metternich , Anlage 4 zu Protokoll 30.
18 Vgl. z. B. "Protocole signé à Aix-la-Chapelle le 15 novembre 1818 par les Plénipotentiaires des cours d’Autriche, de France, de la Grande-Bretagne, de Prusse et de Russie" sowie die "Déclaration", beide Aachen 15. November 1818, Anlagen 3 und 4 zu Protokoll 34
19 Vgl. das nicht näher bezeichnete britische Memorandum, o. D., Anlage 1 zu Protokoll 23.
20 Vgl. etwa das "Projet de Protocole destiné à être signé par les Ministres et Plénipotentiaires des Cinq Puissances", einliegend zwischen Protokoll 17 und 18, mit der Bemerkung Metternichs auf dem Korrekturrand: "NB. Première minute rédigée par le C. de Capo d’Istria 22. Oct". Dieser Text wurde in den Anhang zur Edition aufgenommen.
21 Vgl. z. B. Anlage zu Protokoll 22: Wacken trug hier den Vermerk "Joint au Protocole d’Aix-la-Chapelle du 4 9bre " nach; Anlage 7 zu Protokoll 32: "Annexé au Protocole no 32 du 14 November".
25 Vgl. "Protocole no 32 avec huit Annèxes"; in der Edition werden hier allerdings zehn Anlagen gezählt.
26 Vgl. z. B. die Anlagen zu Protokoll 26, oder die Anlagen zu Protokoll 32.
28 Vgl. fol. II/62v: Eine Schleife, umfassend die Anlagen 2 und 3 von Protokoll 31, mit dem Vermerk: "Ces deux Notes aux Envoyés de cinq Cours près des Etats-unis d’Amérique sont mentionnées comme projets dans le Mémoire d’observations du Duc de Richelieu (annexé au Protocole du 13 Novembre 1818) sur celui du Comte de Palmella (annexé au Protocole du 11 Novembre) au sujet des Pirates de l’océan atlantique ; mais il n’a pas été donné suite à ces Notes. Aix le 22 9bre 1818". Weitere Beispiele für die Ordnungstätigkeit Wackens sind die "Annotation" bei Protokoll 31, Anlage 6 sowie die Notiz zu Anlage 4 von Protokoll 32: "Dans le Protocole du 17 8bre il a été résolu d’inviter le Grand-Duc de Bade à faire connoître le sacrifice additionnel qu’il veut offrir, et à envoyer en même temps son Ministre à Aix-la Chapelle. Il a été écrit en conséquence au Bon de Berstett . Le Mémoire du Ministère de Russie est le même qui a été consigné au Protocole du 10 Novembre (sub no 28). Le vote de MM les Plénipotentiaires de la Prusse est le même qui a été consigné dans le Protocole du 14 Novembre (sub no 32)."
29 Vgl. die Anmerkung auf Anlage 10 zu Protokoll 32: "Il n’a pas été donné suite à cette [ ?] Note [ ?] Lettre [ ?]".
30Der Umschlag trägt den kurzen, mit Bleistift geschriebenen Betreff "Conct l’établissement de la Reine Frédérique de Suède et de son fils le Pce Gustave " sowie den Vermerk "Protocolle qu’il a été convenu de tenir secret et qui, par ce motif, ne prend pas de Numéro dans la série des Protocoles des Conférences d’Aix-la-Chapelle. Sous la date du 18 Novembre 1818" von der Hand Wackens .
31 Vgl. Bittner, Gesamtinventar, Bd. 1, S. 440.